Kinder spielen in einem kinderfreundlichen Bereich in Sagaing. Foto: Plan International
28.04.2025 - von Plan International

Ein Monat nach dem Erdbeben steht Myanmar vor neuen Herausforderungen: Die Monsunzeit naht

Einen Monat nach dem verheerenden Erdbeben der Stärke 7,7, das im Zentrum Myanmars schwere Zerstörungen verursacht hat, ist das Ausmass der Not und der Bedürfnisse erschütternd, warnt die internationale Nichtregierungsorganisation Plan International. Mit dem raschen Herannahen der Monsunzeit wird dringend finanzielle Unterstützung benötigt, um zu verhindern, dass eine Katastrophe eine weitere nach sich zieht.

«Die Menschen in Myanmar zeigen eine bemerkenswerte Widerstandskraft. Doch der Weg zur Erholung ist lang. Wir müssen jetzt handeln – bevor der Regen stärker wird, bevor die Schulen wieder öffnen, bevor weitere Gefahren die aktuelle humanitäre Krise verschärfen», sagt Haider Yaqub, Länderdirektor von Plan International in Myanmar.

Das ursprüngliche Beben, das am 28. März stattfand, forderte 3.700 bestätigte Todesopfer und verletzte über 4.824 Menschen. 129 Personen werden noch immer vermisst. Nach dem Hauptbeben kam es zu starken Nachbeben und frühen Regenfällen, wodurch fast 200.000 Menschen vertrieben wurden. Zudem wurden über 2.600 Schulen und 52.000 Häuser beschädigt.

Die Bereitstellung dringend benötigter Hilfe gestaltet sich aufgrund der zusammengebrochenen Infrastruktur als äusserst schwierig. Dennoch unternehmen die Gemeinden alles, was sie können, um ihr Leben von Grund auf neu aufzubauen. Bisher hat Plan International über 22.600 Menschen mit Lebensmitteln, sauberem Wasser, Decken, Hygienekits und mobilen Toiletten versorgt – in Zusammenarbeit mit vertrauenswürdigen lokalen Partnern. Doch es wird dringend mehr sicherer, temporärer Wohnraum benötigt, insbesondere bevor die Monsunregen einsetzen.

Viele Familien leben derzeit in unsicheren, teils eingestürzten Gebäuden, während Evakuierungszentren Ausgangssperren verhängen und die Bewegungsfreiheit einschränken. Das hindert Menschen daran, zu arbeiten oder das Wenige zu schützen, was ihnen geblieben ist. Für viele ist es gefährlich zu bleiben – aber Weggehen ist keine Option. «Die Menschen haben alles verloren», sagt Su Mon Htay, Direktorin für Personal und Verwaltung bei Plan International Myanmar. «Nicht nur ihre Häuser, sondern auch ihre Hoffnungen und Träume.»

Kinder im Zentrum der Krise

Besonders hart getroffen sind die Kinder. Sie leben in einer instabilen Umgebung, kämpfen mit grosser Hitze, gestörten Alltagsroutinen und ständigen Nachbeben. Ihre emotionale Belastung ist offensichtlich. «Mein achtjähriger Sohn weint ständig“, erzählt Hein. «Er fragt immer wieder: ‚Papa, kommt wieder ein Erdbeben?‘»

Um Kinder zu unterstützen, hat Plan International gemeinsam mit lokalen Partnern wie dem YMCA (Christlicher Verein Junger Menschen) und der Building Back Better Society (BBS) 20 kinderfreundliche Räume eingerichtet. Diese bieten sichere Orte zum Spielen, für den sozialen Austausch mit Gleichaltrigen und für psychosoziale Betreuung – damit Kinder Traumata verarbeiten und ein Stück Normalität zurückgewinnen können.

Erhebliche Schutzbedenken bestehen weiterhin, da das Fehlen sicherer Toiletten und Waschmöglichkeiten in vielen Notunterkünften Mädchen und junge Frauen einem erhöhten Risiko aussetzt. Ein kürzlich gemeldeter Fall sexuellen Missbrauchs in einem Evakuierungszentrum verdeutlicht die Dringlichkeit verstärkter Kinderschutzmassnahmen und geschlechtersensibler Angebote.

«Da Myanmar in die frühe Erholungsphase dieser Katastrophe eintritt, befürchten wir, dass sich die Lage mit dem Eintreffen der Monsunzeit weiter verschärfen wird», sagt Haider Yaqub. «Wir setzen uns dafür ein, dort zu helfen, wo wir den grössten Beitrag leisten können – insbesondere in den Bereichen Kinderschutz, Bildung in Notsituationen und frühkindliche Entwicklung. Wir unterstützen Kinder und ihre Familien beim Wiederaufbau, aber es ist auch entscheidend, das Bewusstsein für Katastrophenrisiken und die entsprechende Vorsorge – vor allem bei Kindern – in alle Erholungsmassnahmen zu integrieren, damit sie wissen, wie sie sich im Falle eines weiteren Unglücks schützen können.“

Ausweitung der Hilfe angesichts dringender Bedürfnisse

Die Menschen vor Ort haben ihre Prioritäten deutlich gemacht: Wiederaufbau der Häuser, Rückkehr der Kinder in die Schule und Wiederherstellung der Lebensgrundlagen. Diese drei Säulen der Erholung müssen umgehend angegangen werden. «Ich möchte mein Haus zurück», sagt Thidar (Name geändert), eine 25-jährige Mutter. «Kein grosses, nur ein Haus, in dem meine Familie und ich gemeinsam in Frieden leben können.»

Da die Schulen am 1. Juni wieder öffnen sollen, läuft die Zeit davon, um für Tausende Kinder den Schulunterricht wiederherzustellen. Viele Schulen sind noch beschädigt oder zerstört, weshalb provisorische Lernräume dringend notwendig sind, um Unterbrechungen im Bildungsweg zu vermeiden.

Die Verlängerung des Waffenstillstands bis zum 30. April ist eine begrüssenswerte Entwicklung – doch die Zeit läuft davon, ebenso wie die finanziellen Mittel. Derzeit hat Plan International eine Finanzierungslücke von 4,47 Millionen Euro. Etwa ein Drittel des benötigten Betrags ist bislang gedeckt.

Myanmar steht an einem kritischen Punkt. Über 41 Millionen Menschen sind vom Erdbeben betroffen – ein Viertel davon gilt als besonders gefährdet. Darunter befinden sich 4,8 Millionen Frauen und Mädchen, die aufgrund des Mangels an grundlegenden, geschlechtersensiblen Dienstleistungen – von Menstruationshygiene und psychischer Gesundheitsversorgung bis hin zu Schutz vor Gewalt – einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind. Plan International ruft die internationale Gemeinschaft auf, nicht wegzusehen.

 

HINWEIS FÜR REDAKTIONEN:

Am 28. März 2025 erschütterte ein Erdbeben der Stärke 7,7 grosse Teile Zentral-Myanmars. Die Katastrophe führte zu erheblichen Todesopfern und weitreichender Zerstörung und verschärfte eine bereits bestehende humanitäre Krise, die durch anhaltende Konflikte verursacht wird. Bereits vor dem Erdbeben galten 3,5 Millionen Menschen im Land als vertrieben, und ein Drittel der Bevölkerung Myanmars (15,2 Millionen Menschen) war von Ernährungsunsicherheit betroffen.