Ha mit ihrer Familie
29.04.2020 - von Michèle Jöhr

Auswirkungen des Lockdowns für Familien in Vietnam

Die COVID-19-Pandemie hat das Leben der 27-jährigen Ha Thi Ngo und ihrer vier Kinder im Alter von zehn, neun, sechs und fünf Jahren komplett verändert. In normalen Zeiten stellen Ha und ihr Mann selbstgemachte Frühlingsrollen und fermentierte Fleischprodukte her, die sie auf einem nahe gelegenen Markt verkaufen. Ihre harte Arbeit verschafft ihnen ein stabiles Einkommen. Sie können damit die ständig steigenden Lebenshaltungskosten der Familie decken, darunter auch die Bezahlung des Schulgeldes ihrer Kinder.

Doch am 1. April verhängte die vietnamesische Regierung einen landesweiten Lockdown und verbot alle nicht lebenswichtigen Aktivitäten. Es wurden strenge Hygiene- und Sicherheitsvorschriften verhängt, einschliesslich «Social Distancing» und Maskenpflicht. 

Da Ha und ihre Familie seitdem zu Hause bleiben, blieb auch ihr Einkommen aus. Ha hatte keine andere Wahl, als einen Kleinkredit aufzunehmen, um Lebensmittel für ihre Familie zu kaufen. Jetzt macht sie sich grosse Sorgen um die Zukunft ihrer Familie.

"Wie kann ich den Kredit und die monatlichen Zinsen zurückzahlen? Was wird morgen kommen? Werden meine Kinder wieder zur Schule gehen können oder werden sie wieder mit mir auf der Strasse arbeiten müssen? Und was wird aus ihrer Zukunft?", sagt Ha besorgt.

Ha ist eine Begünstigte des dreijährigen "Brighter Future"-Projekts von Plan International, das benachteiligten Kindern und ihren Familien in der Provinz Thua Thien Hua hilft. Im Rahmen dieses Projekts hatte Ha ein Darlehen von 10 Millionen VND (rund 300 Schweizer Franken) erhalten, um ihr mittlerweile erfolgreiches Geschäft mit dem Verkauf von Lebensmitteln zu starten. Zuvor führten Ha und ihre Familie ein Leben in grosser Armut. Sie sammelten auf der Strasse Plastikabfälle und verkauften sie an Recyclingunternehmen. Der Gedanke, dass sie und ihre Kinder vielleicht in dieses Leben zurückkehren müssten, hielt Ha nachts wach.

Doch Mitte April erhielt Ha unerwarteten Besuch von Plan International. Plan International unterstützt in Vietnam Hunderte von gefährdeten Familien, die von der COVID-19-Pandemie betroffen sind, mit Notfall-Paketen. Darin enthalten sind ein 10-kg-Sack Reis, Speiseöl und Kartons mit Instant-Nudeln. Zusätzlich erhalten die Familien lebenswichtige Hygieneartikel, darunter Gesichtsmasken aus Stoff (die waschbar und wiederverwendbar sind), Seife und einen kleinen Geldbetrag für andere lebensnotwendige Dinge.

Ha und ihre vier Kinder sprangen auf und schrien laut vor Freude. Ha war noch glücklicher, als sie hörte, dass sie mindestens drei Monate lang keine Zinsen für ihr Darlehen zahlen musste. "Was für eine willkommene Überraschung", wiederholte sie immer wieder.

Plan International arbeitet mit unserem lokalen Partner Cycad zusammen, um humanitäre Hilfe für arme Haushalte in acht Projektgebieten in Thua Thien Hue zu leisten. Bislang haben wir 562 Haushalte mit dringend benötigten Not-Paketen erreicht.