Mädchen in Kibera verteilen Damenbinden
29.04.2020

Wenn COVID-19 die Hygiene für Mädchen verunmöglicht

Inmitten der globalen Coronakrise haben Mädchen in Kibera mit einer weiteren Krise zu kämpfen: dem Mangel an Damenbinden. Kibera ist die grösste informelle Siedlung in Kenia und ganz Afrika. Die meisten Mädchen in Kibera sind auf kostenlose Damenbinden angewiesen, die in ihrer Schule verteilt werden. Mit der Schliessung der Schulen aufgrund von COVID-19 haben sie keinen Zugang mehr zu ihnen.

Menstruationshygiene hat keine Priorität

"Ich habe früher Damenbinden aus meiner Schule in Kibera bekommen. Jetzt, da die Schulen geschlossen sind, muss ich Stoffstücke verwenden. Das ist sehr unbequem", sagt die 16-jährige Nisera. "Ich bin traurig, weil ich Dinge nicht normal erledigen kann. Wenn ich mich hinsetze, habe ich Angst, meine Kleidung zu beschmutzen.»

Die als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie verhängten Quarantänemassnahmen in Kenia haben zu einer finanziell sehr angespannten Lage in Familien geführt, welche die Mädchen und Frauen benachteiligt. Viele Mädchen und Frauen sind von wichtigen Diensten und Netzwerken im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit abgeschnitten.

"Mit den Gerüchten über einen kompletten Lockdown decken sich Familien mit Lebensmitteln und Vorräten ein. Die Mehrheit der Familien in meiner Gegend zieht aber dabei keine Damenbinden in Erwägung. Sie werden als Luxus betrachtet. Deshalb waren wir immer froh, dass wir sie in der Schule bekommen konnten", erklärt Nisera.

Bedürfnisse der Mädchen einbeziehen

"Es ist unerlässlich, dass Quarantänemassnahmen mit Unterstützung für betroffene Haushalte einhergehen. Weitreichende Lockdowns schränken auch die Autonomie von Mädchen ein und verstärken Verhaltensweisen, die Mädchen als zweite Klasse betrachten und sie einschränken", sagt Kate Maina-Vorley, Direktorin von Plan International Kenia.

"Der rigorose Schutz und die Sicherheit aller Kinder und insbesondere der Mädchen muss in allen politischen Bereichen, bei der Information und Beratung in allen Phasen der Massnahmen betont und prioritär behandelt werden", fügt sie hinzu.

Die Sorge der 17-jährige Marel gilt den Mädchen, die unregelmässige Perioden haben. "Viele von uns haben ihre Menstruation zweimal pro Monat. Stellen Sie sich vor, wie schwierig das für uns werden kann. Ich habe nur noch eine Packung mit acht Binden. Uns bleibt keine andere Wahl, als Stofffetzen zu verwenden.» 

Dringend benötigte Unterstützung

Um Mädchen in der Krise zu unterstützen, besuchte Plan International Mädchen und jungen Frauen in Kibera und verteilte 2.700 Damenbinden. Die Aktion erfolgte in Partnerschaft mit Zana Africa, einer Organisation, mit der wir in Kenia eng zusammenarbeiten.

Cynthia, Mitglied der Girls Advocacy Alliance, half bei der Verteilung der Damenbinden und war über die Reaktionen verblüfft. "Die Mädchen und jungen Frauen waren begeistert. Ich war allerdings überrascht, dass in einigen Häusern sogar die Mütter verzweifelt nach Binden suchten. Ich hätte nicht gedacht, dass auch die älteren Frauen - im Alter unserer Eltern - in so grosser Not sind".

"Es besteht definitiv Bedarf an mehr Damenbinden, nicht nur in Kibera, sondern auch in anderen informellen Siedlungen und sogar in ländlichen Gebieten. Millionen von Mädchen haben normalerweise Zugang zu Binden in den Schulen", sagt Cynthia.

Plan International sucht auch nach Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Besitzern von sanitären Einrichtungen in Kibera und anderen informellen Siedlungen in Nairobi, um Mädchen zu ermöglichen, die Duscheinrichtungen für ihre persönliche Hygiene zu nutzen.

"Abgesehen von den Damenbinden sollten Sie auch den Zugang zu den sanitären Einrichtungen in Betracht ziehen. Die Benutzung der Duschen kostet Ksh.10 (0.1 USD) pro Person. Stellen Sie sich einen Haushalt mit sieben Familienmitgliedern vor – das Waschen wird zu einem Luxus, weil andere lebensnotwendige Dinge wie Lebensmittel oder Wasser zum Trinken und Kochen zuerst gekauft werden. Es ist wichtig, die Verteilung von Damenbinden mit dem Zugang zu den Toiletten zu ergänzen", erklärt Marel.